Auto-Termine bei denen man gewesen sein muss, in dieser Reihenfolge: Platz Eins – Goodwood Motor Revival. Platz Zwei – Goodwood Festival of Speed. Und Platz Drei: Concorso d`Eleganza / Villa d`Este. Wobei der Concorso auf dieser Platzierung eigentlich sehr unfair einsortiert wird, weil ihm das feuerspuckende, aufgedrehte, Höllenhunde-im-Anzug-mäßige der beiden Veranstaltungen in Südengland fehlt. In Goodwood werden edelste Klassiker mit dem Messer zwischen den Zähnen hergebrannt, während am Comer See, in den Gärten der Villa Erba und Villa d`Este, die spektakulären Meilensteine der Automobilgeschichte nur im grazilen Schrittempo vor das hingerissene Publikum rollen. Ein gewagter Gasstoß oder ein etwas fett eingestellter Vergaser lässt da bereits frivol die Champagnergläser beben und die Straußenfedern auf den Damenhüten zittern. Oho und Aha räuspert sich die Menge sodann lustvoll, was ja bereits erahnen lässt, wie sich dicht unter der Oberfläche des kultivierten Sonntagmorgens alles Zähnefletschen der wilden Auto-Manie drängt.
Oder auch anders ausgedrückt: Während die Engländer gepflegt die Sau rauslassen, lebt der Concorso d`Eleganza von einer erotisierenden Ahnung, von der prickelnden Zurückhaltung. Gegründet im Jahr 1929 als Leistungsschau der Hersteller, Designer und Karossiers hat sich die Veranstaltung am Lago die Como trotz allem Auf und Ab sowie einer beinahe fatalen Pause zwischen 1950 und 1994 einen zarten, ungebändigt-stilsicheren Geist bewahrt; alle Tradition und Ästhetik der Jahrzehnte schwingt hier mit und während das Goodwood-Duo aus dem unbekümmerten Geist des Picknick und Racing-Happenings lebt, atmet der Concorso d`Eleganza einfach ganz gelassen pure Schönheit. Was natürlich auch am Veranstaltungsort liegt: Zwischen Bergen und See, in den lasziven Gärten der zum Luxushotel gewandelten Bischofssitze kommt die träumerische Eleganz der ausgestellten und vorgeführten Wagen ganz organisch zur allerbesten Entfaltung.
Bei oberitalienischem Sommerwetter flaniert man dann durch den Park, wahre Zeitlosigkeit befällt das verzückte Publikum wie einen süßen Schleier. Man träumt sich durch zwei herrliche Tage oder auch nur ein paar wunderbare Stunden, ist ganz gebannt von der Entdeckungsreise durch automobile Geschichte. Da stehen die großen Legenden-Autos neben Traumwagen von denen man nur leise munkelnd gehört hatte und selbst durch die Motorrad-Meile möchte man sich nur auf allen Vieren fortbewegen, um nur ja kein exquisites Detail zu verpassen. Dass der Concorso gerade in den letzten Jahren wieder so begeisternd aufblühen konnte, liegt auch am Patronat der BMW Group. In diesem Jahr feiert die BMW Konzernmarke Rolls-Royce ihr Entstehen vor 110 Jahren – genauso euphorisch wird am Comer See aber auch das 100-jährige Marken-Jubiläum von Maserati zelebriert.
Eingeteilt in beinahe lyrisch benannte Kategorien (beispielsweise „Vom Winde verweht – die Stromlinienkultur der 30er Jahre“ oder „Der große Gatsby – automobiler Adel der 20er Jahre“...) treten dann große Klassiker gegen berückende Specials und spektakuläre Konzeptautos an. Die Fahrzeuge in perfektem Originalzustand werden am ersten Tag von einer internationalen Jury bewertet, am zweiten Tag vom flanierenden Publikum. Da stolpert man dann über so hinreißende Traumwagen wie einen Alfa Romeo 6C Superflow Pininfarina, majestätische Hispano Suiza H6 B, einen schroffen Fiat Abarth 2000 Scorpione – und nickt am Ende zufrieden, als der Alfa Romeo 6C 1750 GS Zagato Aprile den Publikumspreis gewinnt.
Fiat Abarth 2000 Scorpione
(c) Ben Winter & Stefan Bogner