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Als Ferdinand Piech gegen Ende der 60er Jahre den ersten Le Mans Sieg für Porsche ins Auge fasste und mit dem 917 im Jahr 1970 auch erreichte, war neben den 917 Boliden wenig Platz für Serienrennsport des Werks. Aber Platz war da und den übernahmen die Privatfahrer mit ihren seriennahen 11ern.

  • Wer 1971 auf der Rundstrecke Motorsport betreiben wollte, der bestellte im Werk einen Porsche 911 S und besprach seine Wünsche mit dem zuständigen Verkäufer. Mit Diff, ohne Diff, ohne Rücksitze, Bügel oder Käfig, Getriebe lang, kürzer oder ganz kurz, sanfte Leistungssteigerung mit mehr Drehmoment von unten raus oder doch lieber eine superheiße Nockenwelle – was waren das noch für Zeiten – massgeschneiderte 911er. So wurden, niemand kennt die genaue Zahl, etwa 2 Dutzend „Werks ST“ mit 2,3 Liter Hubraum, 240 standfesten PS und circa 960 Kilogramm ausgeliefert. Und sie waren erfolgreich: Klassensiege waren die Regel, oft kämpften die leichten ST mitten unter den Sportwagen und Prototypen um die Vorfahrt in den Hatzenbach oder die La Source.

  • Weil Leistung nur durch mehr Leistung zu ersetzen ist, wuchs der Motor für die 1972er Saison auf 2,5 Liter an, die Leistung steigerte sich auf 270 PS, das Gewicht ging durch die großzügige Verwendung von Kunststoffen eher noch nach unten. Dies galt jedoch nur für die sogenannte Sportfahrerversion, die für 49.000 Mark – der normale 911S kostete damals knapp über 30K – zu erwerben war. Wer einen solchen im Werk umgebauten 911S mit Ölklappe heute sein eigen nennt, ist schon halber Euromillionär, sind die 2,5 S Coupe mit Renngeschichte doch seltener als die berühmte blaue Mauritius.

  • Der Nachbau eines ST mit FIA Wagenpass bedarf heute, je nach Basismodell, das überarbeitet wird, sicher 130.000 Euro aufwärts. Dann jedoch hat man, besonders wenn man sich auf einen 1971er ST versteift, ein überaus wettbewerbsfähiges Fahrzeug. Und dies meint nicht nur Klassen-, sondern auch Gesamtsiege. Die modernen Reifen erlauben Rundenzeiten, die vor 40 Jahren bei weitem nicht erreicht wurden. Man berichtet von 10 Minuten 40 Sekunden auf der Nordschleife samt GP Kurs! Und die Konkurrenz aus dem Hause Alfa Romeo, Lotus, Lancia oder BMW sieht meist nur den Doppelauspuff.

  • Ende 1972 kam dann der Porsche aller Porsches: der 911 Carrera 2,7 RS. Selbst für Laien am Entenbürzel zu erkennen. Für Sportfahrer vor allem interessant, weil er als Homologation für einen Porsche diente, der auf den Namen 2,8 RSR hört. Von den 1.580 2,7 RS wurden 55 Exemplare in Zuffenhausen zur Seite genommen. Sie bekamen eine Leistungskur auf 300 PS, eine Diät auf 980 Kilogramm und durften den Entenbürzel behalten. Dazu breite Schultern vorn, einen ausladenden Hintern hinten und Bremsen vom 917. Heraus kam ein Favoritenschreck, der schon im Januar 1973 mit den Fahrern Peter Gregg und Hurley Haywood die 24 Stunden von Daytona gewinnen konnte. Gegen die italienische, englische und amerikanische Prominenz der Prototypen. Die fortan großen Respekt hatten, wenn irgendwo ein Entenbürzel auftauchte.

  • (c) Text: Matthias Wetzel /7 Fotos: Stefan Bogner