Als der Porsche 964 im Jahr 1988 auf den Markt kam, war er nach über 15 Jahren die erste echte Überarbeitung seines Vorgängers – dem sogenannten G-Modell. Gleichzeitig sollte er der letzte Porsche 911 sein, der noch die prägnanten vorderen Kotflügel tragen sollte. Für viele Puristen jedoch war er zu komfortabel geworden. Denn Porsche hatte mit dem 964 eine Zielgruppe vor Augen, die weniger hart, weniger intensiv und weniger direkt den Kontakt zur Straße suchte. Und deshalb übertrug man viele Ideen aus dem rollenden Hightech Labor namens 959 auf den 964. Es gab ABS und Servolenkung serienmäßig, die Drehstäbe wurden gegen McPherson Federbeine vorne und Schraubenfedern hinten getauscht. Und Porsche verbaute erstmals einen Allradantrieb. Aber auch die großflächigen Stoßstangen störten viele eingefleischte Hardcore Fans – bis sie den 964 zum ersten Mal fahren durften. Oder mussten. Dann zeigte das neue Aggregat was in ihm steckt. Von 3,2 auf 3,6 Liter angewachsen und mit 250 PS in der Basisversion, war der neue Carrera auf Anhieb so schnell wie der Turbo des G-Modells – auch wegen des cW Werts von nur 0,32. Der automatisch ausfahrende Heckspoiler trug ebenfalls dazu bei dass schnelle, kurvige Strassen das bevorzugte Jagdrevier des 964 wurden. Dazu trug auch das noch immer relativ niedrige Kampfgewicht des Carrera 2 von nur 1350 Kilogramm bei.
Noch heute macht der 964 auf Landstraßen keine Gefangenen. Und er liebt Kurven. Er verträgt die Bremse auf der letzten Rille, hat eine Straßenlage wie ein Kaugummi in der Julisonne, mag Vollgas schon am Scheitelpunkt, schiebt beinahe brachial aus den Ecken und saugt die nächste Kurve an wie Elefant das Wasser nach 3 Monaten Dürre. Genauso kann man aber an der Eisdiele mit 50 km/h im Fünften vorbei cruisen. Wenn man das will. Damit die oben angesprochenen Puristen aber auch zu ihrem Recht kamen, gab es den 964 auch als RS Version. Deutlich abgespeckt auf bis zu 1150 Kg und mit Motoren, die mindestens noch einmal 10 PS mehr hatten. Das war dann der ultimative Kurvenräuber. Carrera 4, Turbo, am Ende der Modelljahre mit sagenhaften 360 PS, Targa, Cabrio aber auch ein heute sehr gesuchter Speedster gehörten ebenfalls zum guten Ton und zum Modellprogramm. Der 964 war ein voller Erfolg. Nicht nur bei den Porschefahrern, die lieber gefahren wurden. Sondern eben auch bei den eingefleischten 911er Liebhabern. Apropos liebhaben. Wenn Sie einen kaufen wollen, dann tun Sie es bald.
(C) Text: Matthias Wetzel // Fotos: Stefan Bogner