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Zum zweiten Mal startete am vergangenen Wochenende das Revival der legendären Eisrennen in Zell am See. Für Begeisterung sorgten vor allem jene Sport- und Rennwagen, die auf Eis und Schnee eigentlich nichts verloren haben – und die waghalsigen Skifahrer im Schlepptau.

  • Seit einigen Wochen endete eigentlich jedes Gespräch, das man in der Automobilszene führte, mit der Frage: Sehen wir uns in Zell am See? Meist war die Antwort „na klar“ – und seit Mitte vergangener Woche schienen die Fotos der zahllosen, für den Wintereinsatz präparierten und auf Transporter verladenen Rennwagen bei Instagram und Facebook sogar für einen Moment Donald Trump und den Coronavirus zu verdrängen.

    Tatsächlich ist Ferdi Porsche und Vinzenz Greger, den beiden Veranstaltern des GP Ice Race, das Kunststück gelungen, sich schon mit der zweiten Ausgabe ihres Eisrenn-Revivals in die Liga der absoluten „Must be“-Events einzureihen – und ganz nebenbei eine grandiose Rennsport-Pistengaudi zu schmeißen. Natürlich halfen bei der Umsetzung auch ein wenig die Familienbande und „schnellen Dienstwege“ bei Porsche und Volkswagen, wobei der jugendliche Après-Ski-Spirit der Erstausgabe glücklicherweise erhalten blieb.

    Bevor am Samstag auf dem aufwändig präparierten Eisfeld in Zell am See erstmals die Startfahne geschwungen wurde, läuteten die kalifornischen Porsche-Trendsetter um Jeff Zwart und Patrick Long das Rennwochenende am Freitagabend mit einer „eisgekühlten“ Ausgabe ihres Luftgekühlt-Festivals ein. Zu sehen gab es fünf Ausnahme-Porsche, die gleich den Standard für die kommenden Tage setzen: Neben dem persönlichen Porsche 356 von Dr. Wolfgang Porsche und der wunderschönen „Wiesbaden Commission“ von Singer standen dort ein Porsche 718 RSK Werksrennwagen, der 1958 in Daytona gewonnen hatte, ein 1970 erfolgreich von Gerard Larousse bei der Tour de France pilotierter Porsche 911 ST sowie jener Porsche 953, der 1983 als Konzeptstudie für die Gruppe B den Grundstein für den Porsche 959 gesetzt hatte.

  • Durch Instagram und Co sind Veranstaltungen wie das GP Ice Race heute auch immer kleine Medienspektakel mit ihren ganz eigenen Stars. Zu den meistfotografierten, geteilten und „gelikten“ Autos des Wochenendes gehörten erwartungsgemäß die beiden modernen Porsche 935, der von seinen Fans „Vanina“ genannte Rothmans-Porsche 991 C4 GTS und der hochgebockte Pistenbomber-Bentley Continental GT. Wie spannend und experimentell Automobilbau auch im Jahr 2020 noch sein kann, demonstrierte derweil Singer mit dem wilden Prototypen ihres Vierliter-Superelfers DSL, der vom britischen Porsche-Guru Richard Tuthill fachkundig durch Eis, Schnee und Schlamm gedriftet wurde. Tuthill und sein Team von Sports Purpose hatte zudem ihren wunderbaren, von Paul Smith gestalteten Porsche 911 mitgebracht.

    Und doch waren es einmal mehr die klassischen Renner, die für glänzende Augen sorgten. Ecki Schimpf und sein Sohn Oliver, die Erben und Gralshüter von Jägermeister Racing, hatten gleich vier orangefarbene Rennlegenden ins Salzburgerland mitgebracht – darunter einen Porsche 935 und jenen 500 PS starken March Ford Cosworth, mit dem „Striezel“ Stuck einst mit seinem Rivalen James Hunt kollidiert war. BMW ließ derweil den mythischen BMW M3 der Generation E30 auf die Piste. Und Audi feierte das 40. Quattro-Jubiläum mit einem kompromisslosen S1 Sportquattro von 1985, der einst vom dynamischen Duo Röhrl / Geistdörfer bewegt worden war und nun von Stig Blomqvist fachkundig über den Rundkurs dirigiert wurde. Die große Tradition der „Safari-Elfer“ wurde derweil von Philip Kadoorie mit der obligatorischen Schneefontäne hinterm Heck fortgesetzt. Die Königsdisziplin beim Eisrennen ist natürlich das Skijöring. Und auch in diesem Jahr fehlte es nicht an spektakulären Ski-Stunts. Ungeahnte Wintersport-Talente zeigte derweil ein kreischender Trabi, während die Männer von Chrome Cars den rasantesten Inkarnationen des VW Käfers die Ehre erwiesen. Und wer hätte 1984 gedacht, dass jener Rothmans-Porsche 911 Carrera 3.2 4x4 aus dem Porsche-Museum, der damals bei der Rallye Paris-Dakar durch die afrikanische Wüste brauste, einmal eine zweite Karriere als Skilift antreten würde?

    Die Zukunft des Motorsports symbolisierte derweil Daniel Abt, der am Steuer seines Formel-E-Rennwagens und mit dem Skifahrer Benedikt Mayr im Schlepptau raumschiffsgleich übers Eis surrte, während die majestätischen Gipfel der Alpen langsam in der Dämmerung verschwanden. Und um Ihre Frage schon im Voraus zu beantworten: Na klar, wir sehen uns 2021 in Zell am See.

  • (c) Text: Jan Baedeker - Classicdriver • Fotos: Philip Hohenthanner // Porscheist