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Es kommt nicht oft vor, dass man seltensten und spektakulärsten Supersportwagen unserer Zeit in freier Natur erlebt – geschweige denn in den rauen Gipfelregionen der Zentralalpen. Doch zum Dunlop Super Drive sind die Helden des Sportwagenolymps an diesem Wochenende aus ganz Europa in die Schweizer Berge gekommen: Ferrari 812 Superfast, F12 TdF, 488 Spider und GTC4 Lusso. Lamborghini Aventador SV Roadster und Huracan Performante. McLaren P1, 675 LT und 650 Spider. Mercedes AMG GTR und SLR 772 Roadster. Porsche 918 Spyder, 911 GT3 RS und GT2RS – in mehrfacher Ausführung. Sogar so mythische Wesen wie der Koenigsegg Agera RS und das Rimac Concept One haben sich mit zwei Dutzend ihrer flügeltürschwingenden und carbonbespoilerten Artgenossen am legendären Grimselhospiz versammelt, um in drei Tagen gemeinsam die aufregendsten Alpenpässe zu erfahren und ihre Pneus dem ultimativen Test zu unterziehen.

  • Und mit welchem Auto, so wurden wir freilich in den letzten Tagen immer wieder gefragt, wollt Ihr bei diesem Gipfeltreffen der Supersport-Götter auftrumpfen? Welches Gefährt wäre in dieser Familienaufstellung der automobilen Superegos überhaupt noch einer hochgezogenen Augenbraue würdig? Der aufgesägte Maybach von Kayne West und Jay Z? Der Fantastillarden teuren Lamborgotti Fasterossa von Mr. Burns aus den Simpsons? Weit gefehlt, lächelten wir dann souverän – und zeigten auf unseren Smartphones ein Foto des Porsche 718 Boxster GTS. Wohlwollendes Lächeln, mitleidiges Schulterklopfen, ja mei, passt scho. Wir können uns ja dann auf der Hütte treffen.

    Doch wer in seinem Leben mehr Alpenkilometer gefressen hat als die NASA Meilen zum Mond zurück gelegt hat, hat ein paar Dinge gelernt. Etwa dass jenseits der Baumgrenze andere Regeln gelten. Und dass in den Kurven und Kehren der Alpenpässe nicht immer das stärkste, breiteste und flachste Sportgerät das beste Fahrerlebnis verspricht. Tatsächlich und ungelogen – heiliges Porschefahrerehrenwort – ist der 718 mit seinem Mittelmotor, den übersichtlichen Dimensionen und dem straffen Fahrwerk das ideale Interface, um legendäre Pässe wie Stelvio, Grimsel, Gotthard, Furka, Nufenen zu erstürmen. Da können die Elferfahrer an der Ampel in München und Zürich noch so mitfühlend lächeln – wer auf einer von den Kräften der Natur ausgefressenen Alpenstraße jenseits von 2.000 Metern Seehöhe die Ideallinie auf den Asphalt malen will, hat mit dem „Baby-Porsche“ ein unschlagbares Präzisionsgerät an der Hand.

  • Natürlich könnte man sich auch auf den Porsche 718 Cayman GT4 einigen. Aber wer von einer nachlässig geschotterten Haltebucht wieder auf die Straße starten will, ohne sich im nächsten Dorf einen neuen Satz Carbonschweller zu bestellen, hat mit dem weniger rennstreckigen, aber stolze 365 PS starken Boxster GTS eindeutig den besseren Alpensportwagen ausgewählt. Und wer einen Zwölfzylinder unter der Haube sein Eigen nennt, trumpft vielleicht beim virtuellen Top-Ass-Duell – am Berg, wo jedes Kilo zählt, hat ein Vierzylinder durchaus seine Berechtigung. Und wir können uns nicht erinnern, dass sich die Piloten des mythischen Porsche 904 Bergspyder einst über die geringe Zylinderzahl beschwert hätten. Selbst der Turbo – von Puristen geschmäht – hat in der dünnen Luft der Berge den Vorteil, nicht durch Sauerstoffarmut plötzlich schmalbrüstig zu werden und die letzten Meter zur Passhöhe schnaufend wie ein Holsteiner Rentner auf Butterfahrt zurückzulegen.

    Bitte nicht falsch verstehen – vor einem Porsche 918 Spyder oder einem Porsche 911 GT2RS würden wir uns als fromme Porschejünger jederzeit in Staub und Asche wälzen. Gelobt seien ihre wohlklingenden Namen, gebenedeit ihre strammen Sportfahrwerke. Aber die bescheidenen Bergstraßen der Zentralalpen mit diesen Supersportgeschossen zu besteigen, ist ungefähr so, als würde man mit Bazookas auf Kolibris feuern: ein ganz klein wenig übertrieben. Ihre Erfüllung finden Sie auf der Rennstrecke. Und so gewaltig die Genugtuung, in einem 700-PS-Katapult von Ferrari, Lamborghini oder McLaren das Gaspedal durchzudrücken, auch sein mag. Die diebische Freude, die von uns so geliebten Kurvenkombinationen mit dem Underdog des Dunlop Super Drive wahrlich „soulful“ durchmessen zu haben, könnten uns selbst Jay Z und Mr. Burns zusammen nicht nehmen.