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Kaum mit der letzten CURVES-Ausgabe aus Island zurückgekehrt, setzen wir unseren Flirt mit dem hohen Norden fort. Bilder aus Norwegen haben uns schon lange im Schlaf verfolgt, genau wie die Ahnung, dass die Landschaft an der Westküste Skandinaviens nicht nur ungeheuer fotogen sein muss, sondern ganz bestimmt auch Stoff für eine epische Reise bietet: im CURVES-Groove von jenseits des Polarkreises bis nach Süden an die Skagerrak-Küste. Dazwischen liegen Straßen, die entweder entlang des Meeres führen, oder sich durch die Inlandsgebirge schlagen. Und weil Norwegen von so ruppiger Natur geprägt ist, von Fjorden, Seen, Inseln und Gebirgszügen, haben beide Routen enorme Hindernisse zu überwinden: Wasser, Berge, Täler. Es sind diese natürlichen Herausforderungen an eine Route, die eine Reise für uns spannend und vielfältig machen: über Passstraßen die Berge erklimmen, einem Verlauf folgen, der wild und verwegen ist, großartige Landschaften genießen.

  • Und man kann es nicht anders sagen: Norwegen hat all unsere Erwartungen weit übertroffen. Man muss die Majestät der Fjorde mit eigenen Augen gesehen haben, um sie zu fühlen. Man muss die derbe, raue Welt am Polarkreis erlebt haben, um sie zu verstehen. Man muss Teil der langen Tage des Sommers im Norden gewesen sein, um ihren trägen Puls in den Adern zu haben. Man muss die unaufhörliche Weite des Lands durchstreift haben, um sie auf seiner inneren Landkarte abbilden zu können – und die ist nach einer Reise durch Norwegen schlagartig viel größer.

    Wir sind mit derselben Leidenschaft in diese Reise gestartet wie wir es immer tun, voller Ungeduld und Vorfreude und voller Pläne. Sind über die von Inseln und Meeresarmen geprägte Küste jenseits des Polarkreises gefahren, mit weit offenen Augen und hellwachen Sinnen. Gebannt, gespannt, hingerissen. Und dann hat uns Norwegen mit jedem zurückgelegten Kilometer mehr und mehr eingeholt. Die unerträgliche Weite dieses Landes ... Fahren in Norwegen, das fühlt sich an, wie die Zeit selbst: Manchmal berstend vor Leben, gefüllt mit Ereignissen – und dann ist da wieder nur eine in Zeitlupe ablaufende Heavy Rotation von Farben, Landschaften, Natur. All das in stetiger Wiederholung, nur aufgebrochen durch Veränderung in kleinen Nuancen. Slow-Motion-Sightseeing haben wir es genannt, irgendwann, als aus Frust und Resignation plötzlich ein Ankommen wurde. Das stille Zufriedensein mit dem Rhythmus einer Reise, die sich in ergebene Gelassenheit wandelt und schließlich zum Teil der Landschaft wird. Man kann diesen vielen Kilometern nicht sein Tempo aufzwingen, man muss Geduld haben. Und fährt mit weit aufgestellten Antennen, deren Empfindlichkeit immer höher geregelt wird, die immer feiner empfangen. Sensibel für die ungeheure Schönheit Norwegens im Großen wie im Detail.

  • Der famose Porsche Macan GTS, in dem wir unterwegs sein durften, hat sich dieser stillen Gangart überraschend gut angepasst. Er ist ein hitziges Eisen, ein Feuerkopf – aber hier wurde er zum feinen Muli für Mensch und Material. Wir werden ihn vermissen. Und sagen Danke, an Porsche Deutschland, dass dieser wunderbare Reisegenosse am Ausgangspunkt der Reise auf uns gewartet hat und uns dann bis ans Ende der Fahrt begleiten durfte. Er ist viele Tage lang unser Zuhause gewesen. Das verbindet. Aber natürlich haben wir auf dem langen Weg nach Süden auch darüber diskutiert, welches Auto wir unseren Lesern als eine Empfehlung mitgeben würden: Was ist unser Traumauto auf dieser Fahrt? – Über die Antwort haben wir lange gebrütet und dann zu einer ganz einfachen Antwort gefunden: Porsche 356 A, 40 PS. Er wäre ein Auto wie das Land, knorrig und einfach und abenteuerlich. Sein Tempo käme dem der Straße kongenial entgegen – und auch dem, was in Norwegen erlaubt ist. Eilig haben sollte man es hier nicht, denn die Polizei mag das nicht. Selbst geringe Geschwindigkeitsübertretungen sind Anlass für drakonische Strafen, dieses CURVES empfiehlt also ganz klar: Take your time!

    Dann ist eine Entdeckung auch nicht weit: Auf dem langen Weg kommt man die ganze Zeit an. Strandet im gemächlichen Rhythmus der Dörfer und Höfe, erlebt die zurückhaltend-rustikale Freundlichkeit der Menschen, wird zum routinierten Fährmann, legt sich die unterkühlte Schweigsamkeit des Nordens zu. Und vielleicht hat man dann auch genug Zeit, um sich der norwegischen Küche zu widmen. Essen, das hat sich unterwegs zum heimlichen Hobby der CURVES-Macher entwickelt, und jetzt, während wir die Erinnerungen der Norwegen-Reise Revue passieren lassen, haben wir das unbefriedigende Gefühl, diesen Aspekt des Reisens in Norwegen vernachlässigt zu haben. Vielleicht werden wir ja einfach noch einmal fahren, um genauer hinzusehen? Oder Sie tun uns den Gefallen und vertreten uns auf ihrer kommenden norwegischen Entdeckungsreise in den Restaurants und Stuben?

    Wenn bei Ihnen etwas Probierfreude und ein Faible für handfest-ländliche Zutaten hinzukommt, steht ja selbst einem Ausflug in die rustikalen Winkel der norwegischen Küche nichts entgegen: Geräucherter und gekochter Schafskopf, aus dem in manchen Fällen sogar noch das mitgegarte Hirn gelöffelt werden kann, dürfte dabei die Messlatte recht hoch legen. Schwache Gemüter sollten sich also besser über gekochtes Hammelfleisch mit Kohl – das sogenannte Fårikål – langsam an solche Spezialitäten herantasten. Oder besser gleich bei unverfänglichem Rentiersteak und schmackhafter Fischsuppe bleiben. Und am Ende trifft man sich schließlich versöhnlich beim Preiselbeeren-Eischnee, der „Trollkrem“. In Norwegen. Zwischen Meer und Berg.

  • Wir denken auf jeden Fall immer noch an den mürbe und mild schmeckenden Kabeljau im Hafen von Ålesund, der sich in einer hellen Soße zwischen Bergen aus Knoblauch-Kartoffelstampf so wohl gefühlt hat, und würden ihn gern einmal wiedersehen. Auch das Standardessen der unzähligen Fährfahrten hat sich bei uns zu einem halb belächelten, halb schmerzhaft vermissten Insider-Element etabliert: Hot Dogs. Groß oder klein, prall und schmackhaft oder weich und einsilbig, knackig mit Röstzwiebeln oder lasch und pur. Ein Hot Dog ging immer. Ganz im Gegensatz zu einem Glas Bier oder Wein zum Abendessen. Als Mannschaft mit Münchner Wurzeln sind wir von der 13-Euro-Maß der Oktoberfest-Wiesn ganz bestimmt nicht verhätschelt, aber die 15 Euro für eine Halbe in Norwegen haben uns dann doch verblüfft ...

    Vielleicht lesen Sie es zwischen den Zeilen heraus: Norwegen hat uns zwar restlos, aber nicht reibungslos begeistert. Die lange Fahrt vom Nordkap herunter bis an die Nordsee war immer wieder eine wahre Herausforderung. Man muss sich Norwegen tatsächlich erarbeiten, geschenkt wird einem hier nichts. Kein einziger Kilometer, keine Abkürzung, keine Bonuspunkte, kein Anfänger-Rabatt. Aber gerade deshalb sind wir am Ende dieser Fahrt so angetan – weil Norwegen unfassbar echt ist. Für Fortgeschrittene. Für Rolling Stones. Für Reisende mit Sitzfleisch. Und immer dann, wenn man meint, nicht mehr zu können, belohnt einen die überwältigende Schönheit Norwegens. Fahren mit allen Sinnen.

    Für die Einsteiger ins CURVES-Lebensgefühl haben wir natürlich trotzdem einen Vorschlag: Nehmen Sie sich einfach nur die Lofoten vor. Oder das Abenteuer südlich von Kristiansund: Die Atlantikstraße, den Trollstigen hinauf, bis zum Geirangerfjord. Oder das Land zwischen Sognefjord, Hardangerfjord und Lysefjord. Und wir wissen jetzt schon eines: Sie werden wiederkommen. Denn Norwegen geht unter die Haut.