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München ist CURVES-Epizentrum, Ausgangspunkt aller unserer Reisen. Während wir gewöhnlich aber sofort nach dem Losfahren die Karte in Richtung Süden drehen, um Kurs auf die Alpen zu nehmen, rollen wir mit diesem CURVES in eine gänzlich ungewohnte Richtung. Kurs Nordost, auf in die Mittelgebirge entlang der östlichen Grenze Deutschlands. Wenn sich nun die „Locals“ vom grünen Rand Deutschlands durch diese grobe Richtungsangabe mit den anderen hier befindlichen Regionen ungebührlich in einen Topf geworfen fühlen, so geben wir ihnen gerne recht: Der Bayrische Wald ist anders als die Oberpfalz. Das Fichtelgebirge anders als das Erzgebirge. Und sobald wir in Sachsen in Richtung Elbsandsteingebirge unterwegs sind, hat die Welt wieder ein ganz neues Lebensgefühl.

  • Deshalb sei das Kleingedruckte an dieser Stelle gebührend groß gedruckt: Wer im CURVES-Flow unterwegs ist, hat das Wesentliche der Strecke im Sinn. Wir wollen daher das Schöne und Bemerkenswerte aller Regionen entlang unserer Reiseroute nicht oberflächlich zusammenmengen, sondern möglichst intensiv wiedergeben. Kilometer für Kilometer. Vielleicht sagen Sie uns ja irgendwann einmal, sobald Sie selbst zwischen München und Passau, Hof und Dresden unterwegs waren, ob wir den richtigen Blickwinkel und das passende Tempo gefunden haben.Die Vielfalt der Landschaften schlägt sich unserer Beobachtung nach vor allem in den Menschen nieder, im Temperament, im Lebensstil – und in der Küche. Im südlichen Oberbayern hüllen sich Schweinshaxen in knackige Krusten, knacken Weißwürste, fläzen sich Steckerlfische, Forellen und Saiblinge auf den Tellern. Brezn werden in den Obazda getunkt, eine Art Käse-Resterampe, und der Leberkäse leugnet kategorisch jegliche Zugehörigkeit zu Leber- oder Käse-Kategorien. Die Niederbayern ziehen hier gerne mit, kultivieren aber eine bemerkenswerte Schwäche für Mehlspeisen: Rohrnudeln und Dampfnudeln beispielsweise, die weder-noch etwas mit Nudeln zu tun haben, oder es gesellen sich „gwichste“ Roggenknödel zu Schwarzgeräuchertem. In der Oberpfalz fischt man gerne fette Karpfen aus alten Klosterteichen oder serviert Gästen überhaupt nicht gerne sogenannte „Bauernseufzer“, die der Bauer lieber selbst äße und die deshalb auch so heißen wie sie heißen, während sie anderswo einfach geräucherte Bratwürste wären. Und selbstverständlich genauso ungern geteilt würden ... An der Donau stellt man dem Zander nach, im Bayerischen Wald dem Wild und Selbstgebranntem und im Fichtelgebirge den Pilzen. Ab dem Erzgebirge wird es vollends rustikal, hier treffen Kartoffelklöße auf Rindsrouladen oder Sauerbraten – eine Küche, die man übrigens so auch auf der anderen Seite der Grenze in Tschechien liebt. Die Könige der Pfannen des Erzgebirges sind aber Kartoffelpuffer, die sowohl als süße oder deftige Hauptspeise Audienzen gewähren oder als markante Beilage zu Fleischgerichten gereicht werden. Allerdings dürfte man bei einer „Kartoffelpuffer“-Bestellung im Restaurant nur mitleidiges Lächeln ernten, denn die Erzgebirgler haben für ihre Puffer mehr Namen als Grönländer für Schnee: Fratzen zum Beispiel, Klitscher oder Latschen, Buttermilchgetzen und Heidelbeergetzen.

  • Dass wir hier bereits in Sachsen sind, ist diesen lässig im Mund fläzenden Ausdrücken gut abzuspüren. Und auch wenn sich die Sachsen für ihren Dialekt von einer bundesdeutschen Mehrheit viel Spott anhören müssen, hegen wir eine kleine Sympathie für den fantasievollen Umgang der Sachsen mit Sprache. Die trotzig gehegten und gepflegten Spezial-Ausdrücke haben Schmiss und Schmalz, wir lieben sie heiß und innig. Dabei gehören kernige Dialekte auf dieser gesamten Reise genauso zum grundlegenden Gefühl, wie die Grundfarbe Grün. Vom Swingen und Knarzen des Oberbayrischen, übers melodiöse Schmurgeln des Niederbayrischen, den beinahe österreichisch sanften Sing-Sang der Bayerischen Wäldler und dann das zunehmend Harzige, Knödelnde in den Dialekten je weiter man nach Norden kommt.Reisende, die mit Deutschland und seinen vielen Schattierungen nicht vertraut sind, lernen hier schnell: So etwas wie typisch deutsch gibt es nicht. Doch halt: Eine Sache wäre da doch, der wir auf unserer Fahrt immer mehr auf die Spuren gekommen sind. – Es wird ja viel darüber philosophiert, weshalb ausgerechnet die deutsche Sprache dieses eine Wort kennt: Gemütlichkeit. Wo doch die Deutschen im globalen Image unerhörte Schaftlhuber sind, Workaholics und freudlose Perfektionisten sozusagen, aber beim Dahintraben durchs Niederbayrische, durch die Waldviertel, durch Thüringen und Sachsen wird recht anschaulich klar, worum es bei der Gemütlichkeit im Kern geht: Wenn sich ein Gefühl von Zuhause und Angekommensein in alle Dinge schleicht, das Gemüt zur Ruhe kommen lässt. Gemütlich ist die Bank vor dem Haus, die einem einen Überblick aufs geschaffte Tagwerk bietet. Gemütlich ist der Abend mit Familie und Freunden, gemütlich ist die gute Stube, eine Magenfüllung mit „Comfort Food“ und das weiche Simmern zwischen den Ohren, wenn sich dort wohldosierte Bierseligkeit ausbreitet. Gemütlich sind aber auch die Landschaften, mit ihrer Ordnung, ihrer Schönheit, ihrer Stille.Man könnte die „Gemütlichkeit“ vielleicht ins englische „Mindfulness“ übersetzen, damit zumindest ansatzweise an ihrer Bedeutung kratzen – und läge trotzdem irgendwie daneben. Gemütlichkeit ist nicht von Bewusstsein geprägt, sondern vom exakten Gegenteil. Sie lässt die Beine baumeln, alle Viere gerade sein und den lieben Gott einen guten Mann. Weshalb uns das an dieser Stelle erwähnenswert scheint? Weil wir „Gemütlichkeit“ als ideales Mantra der Reise im Osten Deutschlands entdeckt haben. Präziser: als einen Aggregatzustand des Unterbewussten, nicht als eine Geschwindigkeitsangabe. Denn vorwärts geht es in den eher dünn besiedelten Gegenden entlang der Grenzgebirge recht ordentlich: wenig Verkehr, viel Raum, tolle Straßen. Gut ausgebaut und mit elegantem Groove segeln die dahin.Ein klarer Glücksfall für den Porsche Cayman GT4 RS, den wir von Porsche Deutschland als wilden Reisebegleiter zur Verfügung gestellt bekommen haben: Der kompakte Hardcore-Racer liebt das Rennstrecken-Räubern über alles, ist genau für diese Art der Fortbewegung wie gemacht – und langweilt sich auf gewöhnlichen Landstraßen schnell. Dass die Straßen im Osten den hart hechelnden Kurven-Jagdhund mit großer Geste empfangen haben, ohne Stop-and-Go-Banalitäten und ohne allzu viel städtische Längen, hat uns den kleinen Racker erst richtig schmackhaft gemacht. Wir schwören dabei allerdings, jederzeit nur der Hellen Seite der Macht gedient zu haben, waren als freundliche Botschafter des Fahrens unterwegs, ab und zu rasant, aber nie als Raser. Hand aufs Herz. – Na gut, einmal haben wir es dann doch krachen lassen: Auf der Rennstrecke des Porsche Werks in Leipzig durfte uns der GT4 RS tief in den Grenzbereich stoßen. Uns schlottern jetzt noch die Knie – für dieses Erlebnis und die Leihstellung des heißen Eisens sagen wir artig: Danke, Porsche. Ebenso sei an dieser Stelle ein dickes Dankeschön an die Museen in Amerang, Zwickau und Zschopau geschickt, auch hier tragen wir immer noch ein andächtiges Schauern in den Knochen, über die von euch so treffsicher zelebrierte, erhabene Kunst, Technik-Verrückte mit Schönheit zu kitzeln. Wir sind eure Fans und hoffen, dass ihr bekommt, was ihr verdient: nämlich, dass euch die CURVES-Gemeinde nach Erscheinen dieser Ausgabe die Buden einrennt. Zum Schluss ein herzliches Dankeschön an Walter Röhrl. Dem klarsten Ideallinien-Denker aller Zeiten, Ehren-Botschafter des Bayerischen Walds und ewigem CURVES-Inspirator schicken wir ein herzhaftes „Vollgas Ahoi“. Danke, Walter, dass wir bei dir einen Boxenstopp einlegen durften.