Monolithische Events wie die Art Basel, die New York Fashion Week, der Salone del Mobile in Mailand oder die SXSW in Austin haben seit der Jahrtausendwende die Blaupause für eine neue Art von kulturellem Happening geschaffen: Das urbane Festival. Umgeben von unzähligen Satelliten- und Popup-Events erobern diese oft kommerziell motivierten Shows für ein paar Tage die größten Städte der Welt und verwandeln sie in summende Petrischalen für die globale Kunst-, Mode- und Design-Community. In der Automobilwelt ist das berühmteste Beispiel die Monterey Car Week, die eine Reihe hochkarätiger Rallyes, Rennen und benzingetränkter Cocktailpartys rund um den Pebble Beach Concours d'Elegance organisiert hat. Im vergangenen Jahr zog die Frankfurter Automobilausstellung nach München für eine Open-Air-Autoshow im Herzen der Stadt. Nun scheint sich mitten in Europa ein weiteres großes Veranstaltungsformat zu entwickeln – die Como Car Week.
Die BMW Group hat das Format neu gedacht und das Rezept für den Concorso d'Eleganza Villa d'Este neu gemischt – einen der wichtigsten Schönheitswettbewerbe für Sammlerautos, der im gleichnamigen glamourösen Grand Hotel am Ufer des Comer Sees ausgetragen wird . In diesem Jahr findet die Veranstaltung ausschließlich auf dem Hotelgelände statt und beschränkt den Zugang noch strenger als zuvor auf Teilnehmer und Ticketbesitzer. Wie immer hatte das Auswahlkomitee verschiedene Wettbewerbsklassen kuratiert – in diesem Jahr unter anderem Klassen zu 75 Jahren Ferrari, 50 Jahren BMW M, den großen Mercedes-Benz Kompressoren oder den Sportwagen, die erstmals die 300-km/h-Grenze knackten. Während Bugatti einige der wichtigsten Trophäen mit nach Hause nahm – darunter die „Best of Show“-Auszeichnung für einen Bugatti 57S Vandervooren von 1937, die FIVA-Trophäe für einen bemerkenswert originellen Bugatti Type 59 und den Designpreis für das spektakuläre Konzeptauto Bugatti Bolide –, hat das Publikum den kürzlich renovierten Aston Martin Bulldog zu seinem Favoriten gewählt. Ein weiteres Highlight war der BMW 320 Gruppe 5 und sein hochdrehender und knochenbebender F2-Motor, der von Jägermeister Racing Teamchef Ecki Schimpf über die Tribüne gefahren wurde. In der Zwischenzeit wäre unsere persönliche Curves-Trophäe an die Roadscholar-Crew aus North Carolina gegangen, die einen fantastischen Porsche 356 B Carrera GTL Abarth zur Villa d'Este gebracht hat – und diese Woche auf eine große Tour quer durch Europa gegangen ist.Da die Wettbewerbsfahrzeuge des Concorso d'Eleganza Villa d'Este am Sonntag nicht mehr in der Villa Erba, der zweiten Heimat der Veranstaltungen, ausgestellt wurden, war das imposante Anwesen Schauplatz des BMW-typischen Münchener Events „Wheels & Weisswürscht“ mit einer breiten Auswahl an Autoclubs und ihre klassischen Automobile. Die Veranstaltung war zwangloser als das vornehme Format in der Villa d'Este und fügte dem Wochenende eine neue, zugänglichere Dimension hinzu. Dennoch war die Villa Erba auch Schauplatz eines aufschlussreichen Gesprächsformats zum 50-jährigen Jubiläum von BMW M mit Rennlegende Jochen Neerpasch, Designchef Adrian van Hooydonk und dem legendären Designer Giorgetto Giugiaro.
Dann war natürlich noch der FuoriConcorso Sonderwunsch. Nach der Eröffnungsausgabe des zeitgenössischen Concours-Events, das den großen Bentley Continentals der 1990er Jahre im Jahr 2019 gewidmet war, und der letztjährigen Feier der legendären Turbo-Autos, zeigte die diesjährige Veranstaltung einige der außergewöhnlichsten maßgeschneiderten Autos, die jemals in der Porsche Exclusive Manufaktur von Porsche hergestellt wurden in zwei glamourösen Villen mit Blick auf den Comer See. Zu den wildesten Autos, die in der Villa del Grumello gezeigt wurden, gehörten zwei der sieben Porsche 959, die Ende der 1980er Jahre speziell für Sheikh Al-Thani in Burgund und Orange gebaut wurden, ein 996 Carrera mit grün-lila Innenausstattung mit dem Spitznamen „The Joker“. Weiterhin waren ein 964 Turbo S, der ikonische Flachbau Turbo sowie viele klassische und zeitgenössische Einzelstücke und limitierte Editionen zu sehen. Auch der neue Porsche 911 Sport Classic feierte beim FuoriConcorso Sonderwunsch sein Publikumsdebüt.
In der Villa Sucota nebenan hatte das Porsche-Museum einige der selten ausgestellten Concept Cars aufgereiht – darunter den erstmals in unserem Buch „Porsche Unseen“ gezeigten Porsche 911 Vision Safari, ein Porsche 968 Roadster Concept, ein viertüriger Porsche 928 T-Modell, der Prototyp für den Porsche 918 Spyder und ein markantes Porsche Cayenne Cabriolet. Doch damit hatten die Organisatoren des FuoriConcorso um den Mailänder Luxusunternehmer und Autoenthusiasten Guglielmo Miani noch nicht aufgehört: In der Villa Olmo, einem prachtvollen Seeanwesen auf der gegenüberliegenden Straßenseite, hatte das Team zur ersten Ausgabe ihres FuoriConcorso Open Museum eingeladen. Das MAUTO-Museum aus Turin zeigte in diesem Jahr im klassizistischen Park 22 Ikonen der italienischen Autokultur. Währenddessen genoss die Curves-Crew ein sehr cooles und entspanntes Automotive-BBQ mit unseren Freunden vom Flitzerclub, einem lässigen Autoclub aus Berlin. Angesichts der Vielfalt der Veranstaltungen des vergangenen Wochenendes sind wir überzeugt, dass die Como Car Week das richtige Format ist, um im Herzen der italienischen und europäischen Autokultur zu schaffen.
(C) Text: Jan Karl Baedeker • Fotos: Stefan Bogner
