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Der Porsche 935 ist wahrscheinlich der extremste 911 aller Zeiten. Und Norbert Singer wahrscheinlich der gewiefteste Reglementleser aller Zeiten. Das Jahr 1975 diente Porsche als Übergangsjahr zwischen den 911 Sauger RSR und den ersten Turbos, die zuerst als 934, und ab 1976 unter dem Kürzel 935, den Werkssport bedienen sollten.

  • So wuchsen, und die sieht man von der Seite ja gar nicht, dem 911 ziemlich breite Backen, die an den Seiten weit über die Türen hinausragten. Hinten ist zwar tief im Dunklen noch ein rudimentäres 911 Heck zu erkennen, aber auch hier ragten die Verbreiterungen weit darüber hinaus. Insbesondere die flache Nase erregte den Unmut der Konkurrenz und führte zuerst zu einer Nichtabnahme des 935 durch die FIA Inspekteure. So waren die Form und Material der Kotflügel freigestellt, weil man bei der FIA davon ausging, dass unter den Kotflügeln tragende Teile der Karosserie wären und sie deshalb nicht verändert werden könnten. Falsch gedacht. Da sich beim 911 unter den Kotflügeln nichts Tragendes verbirgt, mussten schließlich alle nicken, die Kotflügel waren abgenommen, die Beleuchtung wanderte in die Frontschürze, denn auch deren Form war freigestellt.

  • Nach einigen Modifikationen im Heck konnten die Boliden namens 935 ihren Zweck auf der ganzen Welt verrichten: Nämlich über viele Jahre hinweg alles in Grund und Boden fahren, was sich hinter ihnen aufreihte. BMW CLS und die Ford Capris hatten ebenso wie Corvette oder Ferrari nichts mehr zu bestellen. Das lag sicher auch an den Fahrern wie Stommelen, Schurti, Bell oder Ickx, aber bei Porsche überlässt man ja selten Dinge dem Zufall. Bei unserem Fotomodel mit den ausladenden Hüften handelt es sich einen Porsche 935 K3 mit der Fahrgestellnummer 000 0025. Diese Karosse wurde John Paul Senior im Werk gekauft und nach Amerika geliefert. JLP Racing war der Rennstall von Vater und Sohn Paul, die Ende der 70er bis in die nächste Dekade hinein sehr erfolgreich Motorsport in den USA und Le Mans betrieben. Typisch sind die Farben Hellbau und Gelb mit den Sponsoren Hilton, Newsweek und BP.

  • An diesem Fahrzeug ist so gut wie alles original, denn er wurde im Gegensatz zu vielen seiner Brüder nicht mehrfach umgebaut oder in vielen Rennen verheizt. Denn 0025 verbrachte lange Jahre in einer gut geheizten Polizeigarage. Waren doch seine Besitzer, John Paul Senior und John Paul Junior, in den Schmuggel von Marihuana verwickelt und im Zuge der Ermittlungen wurden Teile Ihres Eigentum gepfändet.

  • Heute ist dieser wirklich hervorragend erhaltene Porsche 935 in den Händen eines deutschen Autoliebhabers bei historischen Veranstaltungen unterwegs, wo er mit seinen 850 PS (laut Prüfstand!) wieder Geschwindigkeiten jenseits der 300 km/h erreicht. Kenner der Materie erkennen auf den Fotos sicher die berühmteste Rennstrecke der Welt an der Sarthe – Le Mans – wo die Nummer 0025 im Jahr 2014 ganz weit vorne zu finden war. Aber dafür wurden die 935er ja gebaut.


    (c) Matthias Wetzel, Fotos: Stefan Bogner