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Hallo, sagt Porsche, Herzliche Einladung zum Sportscar Together Day, wir eröffnen am Hockenheimring unser neues Porsche Experience Center und dachten, Ihr bringt bei der Gelegenheit Eure Schätzchen zur Party mit. Ach, und übrigens: Wir haben alle Welt auch noch eingeladen. Freier Eintritt, zu Besuch im Wohnzimmer bei Porsche.

Und das muss man sich natürlich ansehen. Landet am Samstagmorgen bei strahlendem Oktober-Sonnenschein auf dem Parkplatz P2 und versucht dann möglichst schnell in den Tunnel unter der Strecke ins Infield der Rennstrecke zu marschieren. Aber so einfach ist das nicht. Denn da stehen Porsche in zehn, zwanzig, dreißig Reihen und man kann da nicht einfach vorbeigehen. Sondern braucht glotzend und staunend gleich eine halbe Stunde bis runter von P2. Da stehen brüchige 356 neben hochglanzpolierten 991 Turbo S, ein 914 neben einem Rudel Panamera, ein Cayenne erster Generation neben einem Dreiliter-Turbo.

  • Dann geht es die Straße entlang. Kleine Grüppchen streben dem Eingang zu und Du staunst nicht schlecht, wer alles zu Porsche will. Eigentlich – jeder. Alte, Junge, Hipster, Traditionalisten, Männlein, Weiblein, Sportive, Genussmenschen, und so weiter. Die da drüben sind besonders lustig: Die Jungs vorne, Papa und Sohnemann, ganz aufgekratzt und strahlend auf dem Gehweg entlang der Zufahrtstraße zum Hockenheimring. Mutti folgt dem Duo lachend, sie scheint großen Spaß an der Freude ihrer beiden Männer zu haben. Jetzt knurrt ein ganz neuer GT2 RS im endlosen Strom der einfahrenden Porsche vorbei, gefolgt von einem kernigen 911 G-Modell im sandgestrahlten Edel-Rost-Look – das bremst die Typen aus. Kamera und Smartphone gehen in Anschlag, pure Begeisterung ist zu spüren. Die blonde Lady hakt sich bei Schatzi unter und folgt dem ungleichen Auto-Duo mit neugierigen Blicken: „Wahnsinn, zweimal Porsche und so unterschiedlich.“ Vati schaut Mutti verliebt an, Mutti turtelt zurück, der Junior hält es aber bereits kaum noch aus. Schlakst sich neben seine Eltern und knarzt mit stimmbrüchiger Ungeduld: „Können wir jetzt reingehen? Kommt schon!“

  • Wenn Du dann die Treppenstufen hochkommst und im Aufgang hinter der Sachskurve landest, hörst Du bereits im Tunnel, dass da oben eine Party steigt. Kernig ausgedrehte Rennboxer, Stimmengewirr, gut gelaunte Lautsprecherdurchsagen – ein Auto-Fest. Irre, wie die alle gut drauf sind und vor allem: Wie viele das sind! Du hättest ja schon mit ein paar Hundert eingefleischten Porsche-Fans gerechnet, aber das sind Tausende. Und wieder: Ein Querschnitt durch die Gesellschaft, Porsche gut finden scheint ein allgemeingültiger Reflex zu sein. Zweite Feststellung: Die Leute wirken irgendwie aktiv und interessiert, das ist nicht das bei anderen Gelegenheiten auftretende Massenpublikum, das sich Lemming-artig zwischen Fressbuden und Nepp-Ständen über die Konsumklippe wirft. Gibt es auch gar nicht, Porsche hat auf die Marken-Basics gesetzt: Autos. Schöne Autos. Schnelle Autos. Autos mit Charakter. Es gibt schon auch etwas zu futtern, von hippen Foodtrucks, aber die wirklich langen Schlangen sind vorne, wo man sich für eine schnelle Runde auf dem neuen Kurs des Porsche Experience Centes anstellen kann. Verblüffend gut gelaunt und geduldig wartet hier halb Süddeutschland auf die Achterbahn im 911 S oder 718 GTS neben einem der Instruktoren. Gespannte Mienen und nervöses Kichern beim Einsteigen, gute sechzig Sekunden später dann bestürzte, enthemmte, durchfaszinierte Begeisterung in den Gesichtern, wenn sich die hitzeflirrenden Autos leeren und die nächsten Passagiere reindürfen. Das gibt es vermutlich nur bei Porsche: Die eigenen Produkte in einer verkürzten Extremsituation einer echten Menge zum Fraß vorwerfen und genau wissen, dass da nichts anderes dabei rauskommen wird, als völlig angezündetes Durchdrehen.

  • Im Foyer des Porsche Experience Center ist ebenfalls etwas geboten. Hier, wo nun in Zukunft Kunden und Fans der Marke Porsche die Marke in hoher Dosierung erleben können, stehen im Erdgeschoss die neuesten Porsche und ziehen die Massen an – interessanterweise ist es der rein elektrische Taycan, der die meisten Fans lockt. Platte Nasen an Seitenscheiben, aus kritischen Mienen werden anerkennende und ganz augenscheinlich aus so manchem Super Plus-Verfechter ein interessierter Hochvolt-Fanatiker. Auch das kann Porsche: Verbinden. Moderieren. Vor 17 Jahren hat der Cayenne bewiesen, dass der 911-Spirit auch als SUV geht – ein Taycan wird dasselbe im Elektroauto-Format schaffen. Ganz sicher.

    Sanft euphorisiert schlendern wir über die Porsche-Plaza, baden in Big Band-Sound, Volksfeststimmung und Grill-Duft, drehen eine Runde im Riesenrad mit Blick auf die Porsche Experience Center-Teststrecken und dann endlich eine Runde über den „Cars & Coffee“-Parkplatz der Porsche-Preziosen. Hier stehen sie, die Helden der Modellgeschichte, alles in Privathand, jedes baujahr, jeder Typ, jeder Charakter. Porsche-Fans könnten hier ewig bleiben. Wenn nicht noch das Fahrerlager der Rennstrecke locken würde. Dort stehen die Trucks der Rennteams, die Boxen sind voll mit GT3, GT4 und auf der Zielgeraden brüllen die Motoren. Knochentrockener Boxer-Sound, rasselnde Trockenkupplungen, singende Renngetriebe. Hier steht man dann und schaut zu, wie sich die Racer am Ende der Zielgeraden in den ersten Rechtsknick werfen. Fieberhaft und ekstatisch. Wie schon seit den frühen 1950er Jahren. Man könnte meinen, es hätte sich im Porsche-Universum nichts geändert. Hat es auch nicht. Und gleichzeitig: Alles.

  • (C) Stefan Bogner - Text: Ben Winter